Auszeichnung Kategorie Krankenhaus
Dem Schicksal getrotzt
VN/Marlies Mohr • 12. Mai 2025
Langsam stemmt sich Julia Schneider (26) aus dem Rollstuhl hoch. Dann steht sie. „Ich kann auch ein paar Schritte gehen“, sagt die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, und sie nützt diese kleinen Möglichkeiten, wann immer es geht.
Ein schwerer Motorradunfall hatte die junge Allgäuerin brachial aus ihrem gewohnten Leben gerissen. Es war der 17. Juni 2023 und Julia auf der Heimfahrt nach Lindenberg, als sie in der Nähe von Bregenz von einer Autofahrerin gerammt und in der Folge gegen einen Baum geschleudert wurde, wo sie schwer verletzt liegenblieb. Im Krankenhaus dann die alles verändernde Diagnose: inkomplette Querschnittlähmung. Julia Schneider brauchte einige Zeit, um ihr Schicksal zu verarbeiten. „Es beschäftigt mich immer noch“, räumt sie freimütig ein. Doch sie kämpfte sich zurück, auch an ihre Arbeitsstelle, das Landeskrankenhaus Bregenz. „Ich wollte unbedingt wieder meinem Beruf nachgehen“, erzählt Julia und ergänzt mit fester Stimme: „Man braucht Ziele und Hoffnungen.“
Neuer Arbeitsbereich
Unterstützung bekam sie von Familie, Freunden und der Kollegenschaft. „Sie haben mich nicht aufgegeben“, flicht sie dankbar ein. Allerdings musste ein neuer Arbeitsbereich gesucht werden, denn auf die Interne Abteilung, in der Julia Schneider seit 2020 beschäftigt war, konnte sie nicht mehr. Schließlich tat sich eine Möglichkeit im EKG auf, wo auch genug Platz für das Manövrieren mit dem Rollstuhl vorhanden ist. Besonders dankbar ist Julia in diesem Zusammenhang Patrizia Zangerl, Mitglied des Betriebsrats des LKH Bregenz. „Sie hat alles organisiert und dafür gesorgt, dass ich wieder im Krankenhaus arbeiten kann.“ Ein bisschen bedauert sie den nötig gewordenen Wechsel, aber: „Ich bin froh, dass ich wieder Kontakt mit Patienten habe.“ Jenen zu den Kolleginnen und Kollegen auf der Internen hält Julia durch regelmäßige Besuche auf der Station. Die Auszeichnung im Rahmen des Pflegeawards kam überraschend. „Es gibt so viele andere, die viel leisten“, sei ihr erster Gedanke gewesen. Andere mussten sie erst darin bestärken, sich über die Ehrung zu freuen und sie zu genießen.
Mut machen
Das Schicksal hat Julia Schneider übel mitgespielt, aber nicht gebrochen. „Bald sitze ich wieder auf dem Motorrad“, kündigt sie leidenschaftlich an. Dafür wird die Maschine auf ihre Bedürfnisse umgebaut. Julia engagiert sich zudem weiterhin im Vorstand eines kleinen Motorradclubs ihrer Heimatgemeinde, und sie will weiterhin reisen, andere Kulturen entdecken, im Meer baden: „Einfach das Leben genießen und tun, was Spaß macht.“ Ebenso möchte Julia Schneider andere ermutigen, nicht aufzugeben: „Wichtig sind Menschen, die einen stützen. Dann ist viel möglich.“